Begleitend zu den Vorbereitungen des österreichischen Beitrags im Rahmen der Biennale Arte 2019 finden in Kooperation mit der Akademie der bildenden Künste Wien die Biennale Lectures statt. Ziel der von Felicitas Thun-Hohenstein und Andreas Spiegl kuratierten Veranstaltungsreihe ist, die Biennale selbst als kulturpolitisch gleichermaßen bedeutsame wie umstrittene Ausstellungsinstitution in Form von Vorträgen von Wissenschaftler*innen und Künstler*innen zu erörtern und zur Diskussion zu stellen.
Mit dem österreichischen Ausstellungsbeitrag zur Biennale Arte 2019 sind implizit drei kunst- und kulturpolitische Fragen verbunden.
Diesen ist jeweils eine Biennale Lecture gewidmet.
Biennale Lectures
3. Ästhetik des Riskanten
Die Geschichte feministischer Kunst ist untrennbar mit einer Ästhetik des Riskanten verbunden. Die Kritik an herrschenden Rollenbildern war und ist zugleich eine Praxis, die Rolle normativer gesellschaftlicher Vorstellungen herauszufordern und zu durchbrechen. Was feministische Kunst und Kritik auszeichnet, ist die Bereitschaft, den Mitteln und Zielen der entsprechenden Kritik selbst immer wieder kritisch zu begegnen und zu riskieren, sich gegen Normierungstendenzen in der eigenen Begrifflichkeit zu stellen. Wie verhalten sich der gesellschaftspolitische Einspruch und das Risiko zu widersprechen zu den Divergenzen und Differenzen, die mit der Geschichte feministischer Kunst und Kritik verbunden sind?
8. März 2019, 18.30 Uhr
Schauspielhaus, Porzellangasse 19, 1090 Wien
Inna Shevchenko – FEMEN
»Women‘s body: historical battlefield«
Esther Hutfless & Elisabeth Schäfer
»Taking the risk of a risk. Feminist Critique and Transformations«
Amelia Jones
»Risk Taking Aesthetics:
Feminist Attacks on Art World Structures of Inequity«
Moderation: Felicitas Thun-Hohenstein, Andreas Spiegl
Künstlerische Intervention: Jakob Lena Knebl
Im Anschluss Drinks & DJ Maraton
Inna Shevchenko studierte Journalismus mit dem Schwerpunkt auf Menschenrechte. Sie ist Referentin auf Konferenzen und Kolumnistin für internationale Medien. Shevchenko ist Aktivistin und Leiterin der Internationalen Frauenbewegung FEMEN. 2011 wurde sie vom KGB in Belarus entführt und bedroht und erhielt in Frankreich politisches Asyl, nachdem sie in ihrer Heimat, der Ukraine, verfolgt wurde.
Esther Hutfless arbeitet als Philosophin und Psychoanalytikerin in Wien. Sie unterrichtet am Institut für Philosophie der Universität Wien und der Wiener Psychoanalytischen Akademie. Ihre zentralen Lehr- und Forschungsthemen sind Dekonstruktion, Psychoanalyse, feministische Philosophie und Queer Theory. Gegenwärtig arbeitet sie an ihrem Habilitationsprojekt »Psychoanalysis to Come«.
Elisabeth Schäfer lebt und arbeitet als Philosophin in Wien. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen: Dekonstruktion, Körper-Diskurse, Queer-feministische Philosophie und Écriture feminine. 2013 hat sie gemeinsam mit Esther Hutfless und Gertrude Postl die erste deutsche Übersetzung von Hélène Cixous berühmtem
Essay »Le Rire de la Méduse« herausgegeben.
Amelia Jones ist Robert A. Day Professorin und Prodekan für Forschung an der Roski School of Art & Design, USC. Sie ist Kuratorin und Wissenschaftlerin für zeitgenössische Kunst-, Performance- und Feminismus- / Sexualitätsstudien. Jones arbeitet derzeit an einer Retrospektive der Arbeit von Ron Athey und an einem Buch mit dem vorläufigen Titel »In Between Subjects: A Critical Genealogy of Queer Performance«.
2. Politik des Temporären
Mit dem Rhythmus von Biennalen und der begrenzten Dauer von Ausstellungen ist unmittelbar eine Politik des Temporären verbunden. Die Fragen und Themenstellungen von künstlerischen Arbeiten gehen aber notwendig über die zeitlichen Grenzen der Präsentationszyklen hinaus. Welche Bedeutung hat der (einst) interventionistische Charakter von temporären Ausstellungen im Kontext einer hegemonial gewordenen Projektkultur? Was auf eine Ausstellung folgt, sind weniger die Konsequenzen, die daraus gezogen werden könnten, sondern das Warten auf die nächste Ausstellung, die an deren Stelle tritt. Das Temporäre scheint kaum Zeit zu haben für Veränderungen.
31. Januar 2019, 18.30 Uhr
Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien, Lehargasse 8, Tor 1, Mehrzwecksaal, 1060 Wien
Maria Hlavajova »How to Biennial in This Time of Struggle«
Dana Whabira »Anything can vanish but time: some thoughts on the contingency of temporality in artistic practice«
Ute Meta Bauer »Shifting Gravity - on the Role of Biennales in Asia«
Begrüßung: Vizerektorin Andrea B. Braidt
Moderation: Felicitas Thun-Hohenstein, Andreas Spiegl
Künstlerische Intervention: Jakob Lena Knebl
Maria Hlavajova ist Gründerin des BAK, basis voor actuele kunst, in Utrecht (seit 2000) und Initiatorin und künstlerische Leiterin des internationales Forschungs-, Bildungs-, Publikations- und Ausstellungsprojektes FORMER WEST (2008–2016). Sie ist Gründungsdirektorin von tranzit, einem Netzwerk autonomer Initiativen für zeitgenössische Kunst in Österreich, Rumänien, der Slowakei, Tschechien und Ungarn.
Dana Whabira ist Künstlerin, Architektin und Kuratorin. Sie lebt und arbeitet in Harare (Simbabwe), wo sie die Njelele Art Station als experimentelles Stadtlabor für zeitgenössische Kunst und Kunst im öffentlichen Raum gründete. Sie vertrat Simbabwe auf der 57. Biennale di Venezia (2017) und nahm an der Dak‘Art Biennale (2018) teil.
Ute Meta Bauer ist Kuratorin für zeitgenössische Kunst mit einem Fokus auf transdisziplinäre Formate. Seit Oktober 2013 ist sie Gründungsdirektorin des CCA - Centre for Contemporary Art, Singapur - eines Forschungszentrums der Nanyang Technological University (NTU) und Professorin an der NTU School of Art, Media and Design.
1. Kunst und die künstlichen Grenzen nationaler Kulturbegriffe
Die Ausstellungspavillons einzelner Nationen vermitteln zugleich die internationale Ausrichtung der Biennale und die Aufteilung in je nationale Repräsentationen von Kunst. Die aktuelle Rückkehr nationalistisch geprägter Kulturpolitiken rückt die Geschichte der nationalen Differenzierungen, die sich historisch in der Errichtung der Länderpavillons der Biennale manifestiert haben, wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Wie und wo verlaufen die Grenzen zwischen zeitgenössischen Kunstbegriffen und den Vorstellungen nationaler Kulturen? Was unterscheidet universalistische oder kosmopolitische von „inter-nationalen“ Perspektiven und demokratische Kulturbegriffe von der Konstruktion nationaler Kulturen?
22. November 2018, 18.30—22.00 Uhr
(Pause mit Imbiss)
Planetarium Wien
Oswald-Thomas-Platz 1, 1020 Wien
Beatriz Colomina »Pavilion Fever«
Ruth Wodak »Wir und die Anderen: Zur Konstruktion nationaler Identitäten«
Catherine David »TBA«
Moderation: Andreas Spiegl
Künstlerische Intervention: Jakob Lena Knebl